
Was sollen wir tun ?
Homilie zum Vierten Ostersonntag (A) - Die erste Lesung heute hat uns eine Rede des Apostels Petrus präsentiert. Der Evangelist Lukas schildert in der Apostelgeschichte die Situation der jungen Gemeinde der Jesus-Jünger in Jerusalem, am jüdischen Fest Shavuot, sieben Wochen nach Ostern. Die Jünger, Männer und Frauen, alles Juden, hören nicht auf, auch Wochen nach dem Tod Jesu von ihm zu reden. Sie behaupten, dass das Urteil über ihn, ein Gotteslästerer und Aufwiegler zu sein, falsch war. Und noch mehr, sie behaupten, dass Gott selbst dieses Urteil revidiert, kassiert hat, und die Todesstrafe, die über Jesus verhängt worden war, aufgehoben hat, ja, dass er Jesus aus dem Tod herausgeholt, auferweckt hat, zu sich genommen hat.
Die Leute fragen Petrus und die Jüngergemeinde: Wenn das nun so ist, das heißt wenn wir euch glauben, wenn Jesus wirklich der Herr und der Messias ist, was folgt dann daraus? Was folgt für uns daraus? Mit anderen Worten: Was sollen wir tun? Das ist die Hauptfrage für die Leute. Die Hauptfrage in der Lesung.
Was sollen wir tun?
Die Antwort der Gemeinde ist einfach und unspektakulär. Petrus sagt: Jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen. Das ist in Kürze seine Antwort. Das bedeutet einfach: Schließt euch dieser Gemeinschaft an, die Jesus als den Herrn und Messias Israels bekennen. Umkehren und sich taufen lassen, bedeutete: sich dieser Gruppe anzuschließen, die sagt, sie kenne Jesus, sie wisse und erfahre es täglich, dass er lebt, sogar noch mehr als vorher.
Was sollen tun wir? ist eine typisch jüdische Frage. Sie durchzieht das ganze Alte Testament und auch das Neue Testament. Diese Tun-Frage unterscheidet das Judentum von vielen Religionen und von Weltanschauungen und Ideologien. Sie interessieren sich für das Jenseits, für das Innere des Menschen und das Innere Gottes, für das, was in unserem Kopf vorgeht, was man denkt und wie man empfindet. Die östlichen Religionen suchen den Weg des Glücks in der individuellen Versenkung, in der Loslösung von den anderen und von der Welt.
Das Judentum mit seinen Glaubenden, mit den Propheten, ist nicht diesen Weg gegangen. Es hat als entscheidende Frage am Tun festgehalten. Und weil es so ist, hat Israel verstanden, dass wir den anderen brauchen. Wie ich recht leben soll, was ich tun und lassen soll, finde ich nicht allein. In den entscheidenden Fragen meines Lebens kann ich mir nicht aus mir selbst heraus helfen. Die Hilfe kommt von außen. Die entscheidende Hilfe ist Gott und sein Wort. Ist Gott und seine Geschichte, seine Offenbarung, seine Gebote.
Darum brauche ich den anderen Christen, die anderen. Darum müssen wir uns zusammenfinden. Darum gibt es die Pflicht, am Sonntag am Gottesdienst teilzunehmen. Nicht damit die Kirche voll wird oder der Klingelbeutel. Auch nicht wegen mir selbst und meinem Seelenheil. Sondern weil es sein kann, dass der andere mich braucht. Dass der andere, der traurig ist, meine Zuversicht braucht. Dass die Jungen sehen, dass dieses Leben als Christ einigen Menschen wertvoll ist, nichts Überholtes, Veraltetes.
Der Glaube prägt unser Leben. Die meisten von uns sind mit dem Glauben aufgewachsen. Er prägt unser Jahr mit den Festen und mit den Heiligen. Aber wie wird er die nächste Generation erreichen, unsere Kinder, die Enkel? Es wird nicht gehen, wenn die Kirche wie ein Museum pflegen und bewahren. Es wird nur gehen, wenn wir – mit all unseren Schwächen und Fehlern – uns miteinander verbinden zu einer realen, lebendigen Gemeinschaft des Glaubens. Darum muss man zusammenkommen zum Gottesdienst, zum Beten, aber auch zum Sprechen und Überlegen, weil Gottes Wort mir durch andere Menschen gesagt wird. Das ist unser großes Kapital.
Das ist auch die Botschaft des Evangeliums heute. Wir brauchen uns nicht an den pastoralen, landwirtschaftlichen Bildern vom Hirten und den Schafen stören. Weder sind die Bischöfe und Priester die einzigen Hirten der Kirche, noch sind die Glaubenden Schafe, schon gar nicht dumme Schafe. Das ist nicht gemeint in den Worten Jesu. Und so ist es auch nicht in der Kirche. Was gemeint ist, ist ein Vertrauensverhältnis. Ein Vertrauensverhältnis zwischen Jesus und seinen Jüngern, zwischen Jesus und seinen Leuten, zwischen Jesus und uns. Deswegen hat der Evangelist Johannes ein paar Signalwörter in sein Evangelium von heute eingebaut, so wie man heute einen Link in einem Text einbaut. Wenn man auf diese Wörter klickt, öffnet sich eine neue Seite. Und so ist es im Evangelium. Diese Wörter sind ganz einfach:
„Auf die Stimme des Hirten hören.“ „Ihm folgen.“ „Seine Stimme kennen.“ Hören, folgen, kennen. Das sind Wörter, die eine neue Seite aufmachen. Sie benennen etwas, das bei der Versammlung der Glaubenden passiert. Wie hören natürlich nur Stimmen von Menschen und wir sehen hier nur Menschen. Aber der Gottesdienst als Ganzes, das Wort Gottes, das Mahl, die Eucharistie lassen uns Seine Stimme hören, helfen uns Gott und seinen Boten kennenzulernen und ihm zu folgen mit unserem Leben. Und die Worte „hören, folgen, kennen“ zeigen auch, wie das Verhältnis unter uns werden darf, aus dieser Feier heraus. Eine Gemeinschaft, in der wir einander kennen, einander folge, das heißt begleiten, aufeinander hören. Bitten wir heute darum, dass das unter uns und mit uns geschieht.
Vierter Ostersonntag A, 29./30. April 2023 | Stetten St. Johannes; Schlatt St. Dionysius | Lesungen: Apg 2:14.36-41; 1 Petr 2:20-25; Evangelium: Joh 10:1-10 | Achim Buckenmaier